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Europäisches Beihilferecht und das IP- (Risiko)Management

Staatliche Subventionen und Förderungen ihrer Mitgliedstaaten sind aus Sicht der EU immer ein heißes Thema. Die Generaldirektion Wettbewerb der Kommission überwacht deshalb Maßnahmen, die der freien Marktwirtschaft entgegenstehen könnten, ziemlich genau. Die zugrundeliegenden Vorschriften sind im sog. „Beihilferecht“ (State Aid Law) zusammengefasst und regulieren alle Branchen.

Gibt es einen Bezug zum IP-Management?

Auf den ersten Blick vielleicht nicht, auf den zweiten aber sehr wohl, denn der rechtskonforme Umgang beim Einsatz geistiger Eigentumsrechte, z.B. bei Lizenzen aus einem geförderten Sektor wie z.B. F&E ist elementar wichtig. Anders ausgedrückt, die Nichtbeachtung beihilferechtlicher Vorschriften kann zum Rückruf von zugrunde liegender Förderung in empfindlichem Umfang führen, dessen Schaden den Nutzen der Lizenz bei weitem in den Schatten stellen kann.

Was steckt hinter dem Beihilferecht?

Öffentliche Finanzierung – in F&E der Regelfall – soll nur dem „nicht-wirtschaftlichen Sektor“ zugute kommen. Die Wirtschaft kann ja dann die subventionierten Ergebnisse erwerben – zu marktüblichen Konditionen natürlich ohne den Vorteil der Subventionen mitzunehmen. Denn diese sind unterschiedlich und könnten den Markt verzerren. In den Produkt- und Dienstleistungsmärkten haben die vorangegangenen Subventionen nichts verloren, auch und gerade nicht im Wege von „Quersubventionen“, etwa im Wege von niedrigen Kostensätzen oder Lizenzgebühren, die aufgrund der Förderung möglich werden.

Forschungsförderung gehört nach Art. 179 AEUV zu den Zielen der EU. Nach Art. 107 AEUV können bestimmte Beihilfen als mit dem gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden, wozu grundsätzlich auch die Forschungsförderung gehört – aber natürlich nicht unbegrenzt!

Die möglichen Konsequenzen bei Zuwiderhandlungen führen nicht selten zu ungläubigem Staunen … 

Über die erlaubten Quoten, Umfänge und Vorgehensweisen gibt es den sog. „Unionsrahmen für Forschung und Entwicklung“ (EU-Abl. C 198/1 ff. vom 27.6.2014) und die „allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung für Beihilfen (EU-Abl. L 187/1 vom 26.06.2014). Das sind komplizierte Rechtsvorschriften, die bei Zuwendungsempfängern, vor allem in F&E&I oft gar nicht wirklich bekannt sind und nicht selten zu ungläubigem Staunen, vor allem über mögliche Konsequenzen bei Zuwiderhandlungen führen.

Daher möchten wir an dieser Stelle auf eine Veröffentlichung zum Thema „Beihilferecht“ (State Aid law) aufmerksam machen, die dieses schwierige Gebiet auch im Hinblick auf IP-Management bei einem Forschungshintergrund beleuchtet – was bei bedeutenden Erfindungen unserer Tage die Regel ist. Der Bericht ist besonders im Hinblick auf seine klare und umfassende Darstellung zu empfehlen und kann Betroffenen nachdenkliche Nachmittage ersparen. Er enthält viele Praxisbeispiele und transparente Graphiken zum Thema. U.a. ist im Anhang einer der bekanntesten Beispielsfälle einer Lizenz aus geförderter öffentlicher Forschung, den sog. „Delftship Case“ besprochen, der vom EUGH entschieden wurde. Commission decision in 2011: 10/05/2011 SA.27187 (NN 68/2010) – The Netherlands: Alleged State aid through a software- licensing agreement between Technical University Delft and Delftship B.V.– European Court of Justice ruling in 2014; Case T‑488/11, 12 June 2014).

Den Bericht „State Aid law – the right way“ der EARTO (European Association for Research and Technology Organizations) können Sie kostenfrei hier herunterladen.

Der Veröffentlichung „State Aid law – the right way” ging ein Expertenpanel der EU (2019/2020) voraus, wo das Thema gründlich analysiert wurde und deren Ergebnis im Januar von der EU als  umfassender „decision tree“ für die praktische Anwendung veröffentlicht wurde.


Über den Autor:

Dr. Lorenz Kaiser ist Rechtsanwalt mit den Schwerpunkten Forschungs- und Entwicklungsverträge sowie Intellectual Property Management (IPR).

Neben seiner anwaltlichen Beratungstätigkeit führt Dr. Kaiser regelmäßig Fortbildungsveranstaltungen in seinen Spezialgebieten durch. Er wirkt in nationalen und europäischen Expertengremien über F&E – Kooperationen und IP – Management mit und beschäftigt sich schon länger mit dem Thema Beihilferecht, besonders mit den Auswirkungen auf IPR, Lizenzverträge und den Umgang mit Subventionen im F&E-Sektor. Er hat sowohl im Expert Panel der EU, also auch bei der EARTO Veröffentlichung federführend mitgewirkt.

Dr. Lorenz Kaiser ist Generalsekretär der Qualitätsinitiative für IP Management (QIMIP), einer Abteilung des Deutschen Instituts für Erfinderwesen (DIE e.V.)