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Der Wirtschaftsprüfer und seine Rolle bei der Implementierung eines IP-Managementsystems

Zu den Aufgaben des Wirtschaftsprüfer gehört neben der betriebswirtschaftlichen Prüfungstätigkeit, wie der Prüfung von Jahresabschlüssen oder Due-Diligence-Prüfungen, der Rechts- und Steuerberatung, auch die Beratung der Unternehmen. Die Auditierung von Normen, wie der DIN 77006, fallen in diesem Sinne ebenfalls in den Aufgabenbereich. Inwieweit aus der Norm zukünftig auch Prüfungspflichten entstehen ist allerdings noch vollkommen offen.

Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Prof. Dr. Christian Zwirner ist Geschäftsführer der Dr. Kleeberg und Partner GmbH in München und Leiter des Referats Evaluierung und Auditierung der Qualitätsinitiative für das Management von IP (Qimip).

In seinem Artikel in der Zeitschrift DER BETRIEB, Nr. 44 vom 02.11.2020, legt er dar welche Bedeutung diese Norm für Unternehmen zukünftig haben wird und welche Rolle dem Wirtschaftsprüfer hier zukommen kann.

„Durch die Digitalisierung steigt der Anteil immaterieller Vermögenswerte in Form von geistigem Eigentum (Intellectual Property – IP) in vielen Unternehmen an. Vor diesem Hintergrund wurde zunächst als Entwurf der DIN 77006 zur Qualität im IP-Management im April 2018 veröffentlicht. Die finale Fassung wurde dann im Juni 2020 publiziert. Diese Norm definiert IP-Managementsysteme und formuliert Qualitätsanforderungen an deren Teilbereiche. In diesem Zusammenhang werden konkrete Empfehlungen gegeben für den Aufbau, die Entwicklung, die Umsetzung, die Bewertung, die Aufrechterhaltung und die Verbesserung eines geeigneten, angemessenen und wirksamen IP-Managementsystems in Unternehmen, wobei auf alle Vorgänge eingegangen wird, die in Beziehung zu geistigem Eigentum stehen.

Prozesse des IP-Managementsystems

Der Zweck eines IP-Managementsystems ist die Bereitstellung eines organisatorischen Rahmens, um IP-Risiken und -Chancen zu behandeln. Das IP-Managementsystem soll hierbei als iterativer Prozess ausgestaltet sein, nach dem zunächst IP-Risiken und IP-Chancen zu bestimmen und angemessene IP-Ziele und Prozesse festzulegen sind (Planen). Die entsprechenden Prozesse sind im Anschluss auszuführen (Durchführen). Dies betrifft die Themenfelder des IP-Bewusstseins, der IP-Administration, der IP-Generierung, der IP-Durchsetzung, der IP-Verteidigung und der IP-Transaktionen. Die Leistung und die Wirkung des IP-Managementsystems sind regelmäßig zu überprüfen anhand eines IP-Reportings festzuhalten (Prüfen), um im Anschluss ggf. Verbesserungen des IP-Managementsystems einzuleiten (Handeln). Diese iterativen Schritte sind vor dem Hintergrund der von der Geschäftsführung formulierten IP-Strategie und IP-Politik regelmäßig zu durchlaufen. Die DIN 77006 geht auf die jeweiligen Teilprozesse separat ein und gibt Hinweise für eine angemessene Implementierung.

Die DIN 77006 wird für viele Unternehmen und auch für Wirtschaftsprüfer von großer Bedeutung sein

Der Qualitätsbegriff wird zwar nicht abschließend definiert. Gleichwohl geht aus den Ausführungen hervor, dass das IP-Managementsystem zum einen dahingehend überprüft werden soll, inwiefern es zum Unternehmen und zur Unternehmenskultur passt, und zum anderen dahingehend, inwiefern es den Anforderungen von externen und internen Auftraggebern sowie anderweitig interessierten Parteien und dem Geschäftsmodell des Unternehmens entspricht. Außerdem ist zu überprüfen, ob das IP-Managementsystem beabsichtigte Ergebnisse produziert. Die Qualität des IP-Managementsystems wird demnach u.a. bestimmt als Zusammenspiel zwischen intern und extern herangetragenen Erwartungen und dem unternehmerischen Anforderungsprofil.

Auswirkungen in der Praxis

Die Digitalisierung bestehender Geschäftsmodelle oder die Entstehung neuer, digitaler Geschäftsmodelle bringen Neuerungen für Unternehmen im Hinblick auf deren Rechnungslegung und Berichterstattung mit sich. In diesem Zusammenhang fällt ein zunehmender Fokus auf immaterielle Vermögensgegenstände, die bilanziell und außerbilanziell angemessen abzubilden sind. Daneben ergeben sich auch zunehmend rechtliche Herausforderungen in Bezug auf den Umgang mit geistigem Eigentum, woraus sich wesentliche Risiken, bspw. das Risiko, Schutzrechte Dritter zu verletzen, ergeben können. Obwohl diese Veränderungen grundsätzlich sämtliche Unternehmen betreffen, verfolgen insbesondere mittelständige und kleine Unternehmen oftmals keinen ganzheitlichen Ansatz zum Management von geistigem Eigentum. Der Qualitätsstandard gibt gerade für diese Unternehmen erste Anhaltspunkte zur Ausgestaltung eines IP-Managementsystems. Bestandteil dessen ist die regelmäßige Überprüfung des Systems anhand von internen oder externen Audits, um seine Eignung, Angemessenheit und Wirksamkeit festzustellen und um ggf. verbessernde Maßnahmen zu ergreifen. In diesem Kontext kann dem Wirtschaftsprüfer als Berater die Rolle zukommen, die Qualität des implementierten IP-Managementsystems zu beurteilen.

Um eine mit der DIN 77006 konforme Qualität des IP-Managementsystems sicherzustellen, wären hierfür einheitliche Beurteilungs- und Prüfungsgrundsätze grundsätzlich wünschenswert.