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Umgang mit IP-Risiken im Rahmen der unternehmerischen Haftung und Sorgfaltspflicht

Die IP-Risiken in der digitalen Transformation stellen eine besondere Herausforderung für den Unternehmer bei der Einhaltung seiner Sorgfaltspflicht dar. Bei Patentverletzungen und den daraus resultierenden Konsequenzen für das Unternehmen steht die Frage nach möglicher Fahrlässigkeit und den daraus resultierenden zivil- und strafrechtlichen Konsequenzen im Raum. Konformität mit der DIN 77006 bietet hier einen Ausweg, wie der nachfolgende Auszug aus einem Kommentar von Herrn Axel Mittelstaedt aufzeigt.

„Es lässt sich nicht bestreiten: Jedes Unternehmen besitzt geistiges Eigentum (engl.: Intellectual Property, kurz IP), und sei es nur in Form seines Namens und seines auch immer vorhandenen eigenen speziellen Know-hows. Und irgendwie wird das IP des Unternehmens auch gehandhabt bzw. gemanagt, wie auch immer. Allerdings geschieht das eben oftmals nur mehr oder weniger systematisch und nicht unbedingt immer streng orientiert an den strategischen Vorgaben der Unternehmensführung. Das setzt das Unternehmen dem Risikoszenario der Zufälligkeit aus. Auf diese Weise entstehen Nachteile – und mehr.

Das Streben nach Qualität ist unternehmensinhärent und macht selbstverständlich auch vor dem Umgang der Unternehmen mit ihrem IP nicht halt. Die Nichtbeachtung erreichbarer Qualität ist ein Haftungsgrund. Denn „wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt“ handelt nach der wichtigen Gesetzesvorschrift des § 276 Abs. 2 BGB fahrlässig und damit schuldhaft. Aufgrund eines allgemeinen Rechtssatzes ist jemand, der einem anderen (rechtswidrig und) schuldhaft einen Schaden zufügt, grundsätzlich verpflichtet, Schadensersatz zu leisten. Im Fall der Fahrlässigkeit werden Sorgfaltspflichten verletzt, wobei es nach § 276 Abs. 2 BGB, wie gesagt, um „die im Verkehr erforderliche Sorgfalt“ geht.

Um diese Sorgfaltsanforderungen aufzufinden, orientieren sich z. B. die Gerichte an Rechtsnormen oder auch andere Regelwerke. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gelten beispielsweise DIN-Normen als solche Regelwerke, denen die Anforderungen an die im Verkehr erforderliche Sorgfalt für den jeweils geregelten Bereich entnommen werden können (vgl. BGH 103, 341; 139, 17; NJW-RR 05, 386).

Diese Rechtsprechung verleiht der DIN-Norm 77006 für den Bereich des IP-Managements ihre haftungsrechtliche Relevanz und ihre Bedeutung für das unternehmerische Risikomanagement.

Denn mit der Veröffentlichung dieser Norm mit dem Titel „Intellectual Property Managementsysteme – Anforderungen“ (sic!) ist von nun an aufgrund des damit bekannt gegebenen Expertenwissens in diesem Bereich allgemein verfügbar, welche Mindestanforderungen an ein qualitätsvolles IPM zu stellen sind. Werden im konkreten Fall eine oder mehrere der in der Norm aufgeführten Anforderungen nicht erfüllt, ist davon auszugehen, dass die die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht beachtet wurde und ein Haftungsfall vorliegen könnte.

Auch bei dieser Norm darf nie vergessen werden, dass sie die Grundlage für Auditierungen sein soll. Für die Auditierung des IPM eines Unternehmens muss sichergestellt sein, dass unschwer überprüfbar ist, ob es die Anforderungen der DIN-Norm 77006 erfüllt. Wird dabei festgestellt, dass die Anforderungen der DIN-Norm 77006 nicht erfüllt werden, die Mindestanforderungen sind, ist daraus zu schließen, dass im Unternehmen hinsichtlich des qualitätsvollen Umgangs mit dem geistigen Eigentum Defizite bestehen, die auf bestehende, zumeist ernste Probleme hinweisen, welche schadensursächlich werden können.

Es ist davon auszugehen, dass die Versicherungswirtschaft ihre Prämienkalkulation danach ausrichten wird, ob ihre Versicherungsnehmer die Anforderungen der Norm in ihrem Betrieb erfüllen und die Norm permanent und nachhaltig anwenden.

Es geht damit – zumindest immer auch – um die Einhaltung der Sorgfaltsanforderungen bei denjenigen Maßnahmen, die das Management des geistigen Eigentums in Wirtschaftsbetrieben in concreto darstellen bzw. ausmachen.“

Den vollständigen Text dieses Kommentars können Sie hier herunterladen

 


Axel Mittelstaedt ist Rechtsanwalt in Köln und internationaler Experte für Patentrecht und Markenführung. Er war als Mitglied des DIN-Normenausschusses an der Entstehung der Norm DIN 77006 beteiligt. Er ist Autor der Bücher „Strategisches IP-Management“, „Auditierung und Zertifizierung des IP-Managements“ und „Intellectual Property Management“, alle Springer Gabler.